Samantabhadra's Enchu-Buddha El Shekupura

Leidensgeschichte meines Do-Khyi-Rüden Buddha

Kapitel 2

01.01.2003 über Buddhas Befinden:

Die Medikamente scheinen zu helfen. Buddha ist seit dem 17.11.2002 anfallsfrei geblieben. Die ersten Wochen nach Beginn der Medikation waren weder für Hund noch Mensch besonders leicht. Durch die sehr schweren Anfälle entwickelte er ein starkes „Drangwandern“ links im Kreis herum, verbunden mit ständigem Jammern. Die Ruhepausen waren sehr selten geworden und entspannten Schlaf fand er in dieser Zeit fast nicht.

Dafür wurde er vorübergehend aggressiv und hat sich in Gegenstände und Decken verbissen. Eine interessante aber anscheinend für Hunde nicht unübliche Beobachtung machten wir nach der Gabe von Valiumtropfen (Diazepam). Diese sollten die Anfallsserie unterbrechen bevor es zu einem Status Epileptikus kommen konnte. Aber anstatt durch das Valium ruhiger zu werden, wurde Buddha immer aufgekratzter, es scheint bei ihm also gegenteilig zu wirken (Wirkungsumkehr = „paradoxe Reaktion“). Wir gaben ihm insgesamt 30 Tropfen was einer Menge von 10 mg Diazepam entspricht. Die Anfälle blieben zwar aus, aber seine Wesensveränderung wurde extrem. Sein Blick war weggetreten und ich hatte das Gefühl, dass er uns nicht wirklich erkannte. Seine Bewegungen waren rein mechanisch, instinktgesteuert, seine Aggressionen eine Folge von nicht ausgelebter Fluchttendenz. Ein Wildtier hinter Gittern. Er suchte ständig nach einer Fluchtmöglichkeit, schaute mit merkwürdigem Blick das Fenster an, so dass ich schon befürchtete, dass er durch das geschlossene Fenster springen könnte. Doch das tat er dann glücklicherweise nicht. Bevor die Situation jedoch eskalieren konnte gaben wir ihm nach Rücksprache mit dem behandelnden Tierarzt (der sich außerdem als Spezialist in Sachen Epilepsie herausstellte), eine halbe Tablette Luminal pro Tag mehr, so dass wir nun auf 250 mg/Tag Phenobarbital kamen. Nach einigen Tagen wurde er endlich ruhiger und entspannter und die dringend benötigten Schlafphasen für Buddha und uns wurden ausgedehnter.

Trotzdem war er noch immer geistig sehr verwirrt (Demenz). Seine Reaktionen waren verzögert, sein Verhalten gegenüber fremden Situationen und Hunden sehr ablehnend. Er schien unter einer Art Halluzinationen zu leiden, denn während kurzer Spaziergänge, die nun sehr bedächtig und langsam verliefen, schaute er sich immer wieder sehr verwirrt um und weigerte sich weiterzugehen, wenn wirklich mal jemand hinter uns lief. Dieser jemand musste uns zuerst überholen, bevor an ein Weiterkommen zu denken war. Jedes Geräusch verunsicherte ihn zutiefst und er war sehr schreckhaft und ängstlich geworden. Die Rute trug er tief, der stolze Hund von einst, war zu einem jämmerlichen Abbild seiner selbst mutiert. Ein Anblick welcher jedem Hundefreund in der Seele weh tut. Aber wenigstens lebt er! Das schien erst einmal die Hauptsache zu sein. Wenn das der Preis ist, den wir zahlen müssen, muss es recht sein...

Da Buddha eine Angewohnheit hat, die wohl so einigen Do-Khyi-Besitzern bekannt sein dürfte, - dass er sich erst nach wenigstens 20-minütigem Spaziergang löst – war ein Laufen mit ihm zur echten Qual geworden. Die Kontrolle über seinen Körper fast verloren, torkelte er mehr als dass er lief. Das Geräusch seiner auf dem Asphalt schleifenden Krallen seiner geschwächten Hinterhand, wurde unser täglicher Begleiter, gleich einer monoton anmaßenden traurigen Melodie. So dauerte es nicht lange und seine Krallen waren blutig geschliffen und wir mussten uns etwas neues ausdenken um ihm die Schmerzen zu ersparen. Er trug es jedoch mit Fassung, behielt aber weiterhin seine traurige Haltung uns und der Welt allgemein gegenüber. Schuhe (sog. "Booties") wären zwar eine Notlösung, aber wir versprachen uns nicht viel Hoffnung davon, zumal er dann täglich ein Paar davon verschlissen haben würde! So suchten wir ein Gelände für ihn, wo er nur weichen Untergrund zum Laufen hatte. Dies war jedoch einige Kilometer entfernt und wir fuhren dann wochenlang täglich mit ihm dort hin.

Auch sein Appetit war abnorm geworden. Der sonst was jegliches Futter anbelangt so zurückhaltende Buddha hatte einen Dauerhunger entwickelt und man konnte kaum mehr was liegen lassen, ohne dass sich Buddha mit Genuss draufstürzte. Sein Lieblingsplatz war die Küche geworden, in der er zwar eigentlich nichts zu suchen hat, aber die Anziehungskraft muss einfach zu stark sein, als dass wir ihn davon abhalten könnten. Um sein Gewicht durch die nun auch mangelnde Bewegung (er war früher Arbeitshund: Obedience, Zughund, Fahrrad-Begleithund) nicht rapide ansteigen zu lassen, mischte ich unter sein Futter Reis und Gemüse, welche als Sattmacher mit wenig Kalorien dienen. Trotzdem ließen sich ein paar Kilo Zusatzgewicht kaum verhindern und in der Zukunft müssen wir verstärkt darauf achten, dass es nicht mehr wird, weil ein zusätzliches Gewicht negative Folgen auf sein „angekratztes“ Epileptiker-Herz hätte. Da das Herz bei jedem Anfall Höchstleistung erbringen muss, haben sehr viele Epileptiker-Patienten zusätzlich auch noch Herzprobleme. Die meisten so entstandenen Herzerkrankungen (z. B. Links- oder Rechtsherzvergrößerung, Kardiomyopathien, erworbene Herzklappenfehler) sind aber nicht die unmittelbaren Auslöser für epileptische Anfälle sondern sie entstehen ganz allmählich durch die enorme Belastung bei einem Anfall. Am besten kann dies noch ein Herz von einem gut trainierten Hund kompensieren. Aber auch da ist jedes überflüssige Pfund von großem Nachteil. Für einen extrem schweren (überfütterten) Hund, welcher sich auch noch wenig bewegt und hauptsächlich als Haus- und Hofhund sein Leben verbringt, kann so ein Anfall sein Todesurteil sein. Das ohnehin schon schwer belastete Herz-Kreislaufsystem bricht dann vollends zusammen. Manch ein Hundebesitzer findet dann seinen Hund nur noch tot vor ohne vielleicht zu wissen, dass sein Hund unter Anfällen litt. Auch ein TA kann in diesem Fall nur noch ein plötzliches Herzversagen feststellen. Selbst bei einer Obduktion lässt sich die idiopathische Epilepsie als solche NICHT feststellen. Es ist schon schwierig genug am lebenden Hund mit Hilfe eines EEG eindeutig pathologische Befunde zu erhalten, dies ist jedoch auch nur dann möglich, wenn es sich um eindeutige Hinerkrankungen (mit bestehender Veränderung) handelt. Eine eindeutige Abgrenzung zur idiopathischen Epilepsie (bei der es ja keine hinspezifischen Veränderungen gibt) ist somit ausgeschlossen.

Auch ein großes Blutbild zeigt bei der Untersuchung auf idiopathische Epilepsie keinerlei Auffälligkeiten.

Ein an idiopathischer (hereditärer =erblicher ) Epilepsie leidender Hund ist somit körperlich kerngesund! (bis auf die kleine Tatsache, dass der Hund zeitweise von heftigen Krämpfen geschüttelt wird!).

Allmählich stellte sich in Buddhas Körper eine Gewöhnung an das Medikament ein und bei der nach 3 Wochen bestimmten Serumkonzentation des Medikamentes in seinem Blut lag der Wert bei 39 (erwünscht: 10-30). Wir konnten also wieder auf 200 mg statt 250 mg Phenobarbital/Tag heruntergehen, welches je zur Hälfte morgens und abends verabreicht wird. Einige Wochen später erholte er sich soweit physisch und psychisch, dass wir zumindest mal wieder einigermaßen normale Spaziergänge absolvieren konnten. Zurückgeblieben sind seine zeitweise sehr starke Unruhe mit ständigem Hecheln (vor allem abends und nachts), sowie ein häufiges und meist länger andauerndes „sich beschlabbern“ mit Verdrehen des Kopfes zum Rumpf hin und ständigen Schmatzgeräuschen mit sog. „Züngeln“. Wir haben noch nicht herausfinden können, warum er das tut, denken aber, dass es etwas mit seiner Krankheit zu tun haben kann. Auch seine früher für ihn so bezeichnende Lebensfreude scheint weitgehend erloschen zu sein. Er wirkt irgendwie traurig, in sich gekehrt und sehr müde. Man sieht das auch an seiner nach wie vor hängenden Rute, die er wie ein lästiges Anhängsel hinter sich herwehen lässt. Vorbei die stolze Haltung von einst, das Imponieren vor anderen Hunden mit weit über den Rücken geschwungener Rute. Damit drückt er nun seine Unsicherheit, ja Ratlosigkeit über seinen Zustand aus, den er nicht verstehen kann. Sein Blick scheint traurig und leer und wenn er wie einst durchs bekannte Gelände trabt sieht es so aus, als wenn er sich irgendwie absondern wollte, zieht weite Kreise, möchte ständig ins eiskalte Wasser zum Baden. Sein Gehorsam lässt nun zu wünschen übrig, er begreift anscheinend die früheren Zusammenhänge nicht mehr und es ist äußerste Vorsicht geboten, wenn er frei läuft. Ließ er sich noch vor einiger Zeit recht gut mit Pfeife und Stimme beeinflussen, scheint das heute für ihn nur noch wenig Bedeutung zu haben. Auch sein Eigensinn hat sich mit Beginn seiner Krankheit noch verstärkt...

(wird fortgesetzt)